Workshop des DFG-Netzwerks »Das Wissen digitaler Literatur« in Kooperation mit dem SFB »Virtuelle Lebenswelten« an der Ruhr-Universität Bochum
Im Mittelpunkt steht die These, dass genuin digitale Literatur diskursive, praxeologische und technische Aspekte des Schreibens im digitalen Raum in besonderer Weise verknüpft und ihre Produktionsform nicht von ungefähr wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden der Digital Humanities, der Medienarchäologie oder der KI Forschung ähnelt. Noch vor ihrer sekundären wissenschaftlichen Analyse ist sie hier selbst unmittelbar an der Produktion von Wissen beteiligt. Aber auch als genuin ästhetische Praxis ist ihr ein spezifisches Wissen über Text, Materialität, Medialität und Performanz im Digitalen zu eigen, das wir ergründen und fruchtbar machen wollen.
Workshop des DFG-Netzwerks „Das Wissen digitaler Literatur“
in Kooperation mit dem SFB „Virtuelle Lebenswelten“ an der Ruhr-Universität Bochum
Datum: 25.-27.06.2025
Ort: Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstraße 150, 44801 Bochum
Formen digitaler Literatur entstehen in Auseinandersetzung mit ihren Techniken und Praktiken: Hardware-Voraussetzungen, Algorithmen, Programmierverfahren, Datenbanken oder Interaktionsdesigns. Sie sind dabei – ganz wie das Wissen im modularisierten Format einer Programmbibliothek – Teil einer Operationskette und besitzen, um mit Caroline Levine zu sprechen, eine Affordanz innerhalb ihrer jeweiligen technischen, diskursiven und gesellschaftlichen Konstellation. Digitale ästhetische Formen sind damit immer auch in besonderer Weise epistemische Objekte. So zeigen etwa algorithmisch erzeugte Zufallstexte der Nachkriegszeit nicht nur ein spezifisches Zusammenspiel von Regel und Abweichung in der neu entstehenden Computertechnologie, sondern lassen sich auch dem zeitgenössischen Kreativitätsdiskurs zuordnen, in dem die Produktion des Neuen und Überraschenden an die Stelle älterer Konzepte des schöpferischen Subjekts tritt. In solchen Konstellationen sind die Formen digitaler Literatur ein ums andere Mal mehr als nur Reflexionen medialer Praktiken und diskursiver Verknüpfungen; sie lassen sich ebenso, wenn sie etwa die Abhängigkeiten der KNN-Textproduktion von Datenextraktion und Ressourcenausbeutung sichtbar machen, als ästhetische Werkzeuge der Kritik jener Infrastruktur verstehen, der sie ihre Existenz verdanken.
Der erste Workshop unseres DFG-Netzwerks lädt das Wissen in die Digitale Literatur, fragt also nach seinen Ordnungen zwischen Bibliothek und Programm-Library: Wie entsteht Wissen in digitalen Konstellationen, und wo ist es dabei an literarische Formen gebunden? Die Beiträge werden sich theoretisch dem Verhältnis von Wissen und Form in digitaler Literatur nähern oder Fallstudien zu ihrer Geschichte und Gegenwart vorstellen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf besonderen medienhistorischen oder praxeologischen Konstellationen und auf der epistemologischen Beziehung zwischen Literatur und Digital Humanities, Statistik, Mathematik, Informatik und Linguistik. Diskutiert werden außerdem Formen künstlerischer Forschung, die andere, genuin ästhetische Wissensbestände zwischen Zufall, Planung und Serendipität in einer digitalen Konstellation generieren bzw. fruchtbar machen und in spezifisch künstlerisch-literarischer Gestaltung vermitteln.
Mittwoch, 25.6.2025
Ort: RUB, Raum GABF 04|255
16.30-18.00 Oliver Deck (Ruhr-Universität Bochum)
Workshop: Der Emoji-Code: Emojis und ihre technischen Hintergründe
Donnerstag, 26.6.2025
Ort: RUB, GB 8|137
9.00 Come Together & Begrüßung
9.30 Dorothea Walzer (Ruhr-Universität Bochum)
Genre on Demand. Versionierung und Adaption in selbstpublizierter Slash-Fanfiction
10.15 Matthias Preuss (Ruhr-Universität Bochum)
Einbinden und Ausschließen. Überlegungen zur Konstellation von Lücke und Plattform in
Berit Glanz’ „Automaton“
11.00 Kaffeepause
11.15 Simon Roloff (Leuphana Universität Lüneburg)
Go West: Form und Faktum digitaler Literatur
12.00 Mittagspause
13.30 Diskussion der weiteren Netzwerk-Aktivitäten (nicht öffentlich)
14.00 Fabian Offert (University of California, Santa Barbara)
Vector Media. Towards a Materialist Epistemology of Artificial Intelligence (in English)
14.45 Hannes Bajohr (University of California, Berkeley)
Latent Worlds: AI and the Novel (in English)
15.30 Kaffeepause
16.00 Maike Dollendorf (Ruhr-Universität Bochum)
Führung durch die Ausstellung zu Max Imdahl in den Kunstsammlungen der RUB (in English)
17.15 Ilan Manouach (Université de Liège)
Productive Failures: Merging Artistic and Scholarly Practice in Comics of the Postdigital Age (in English)
18.15 Kaffeepause
18.30 Keynote: Caroline Levine (Cornell University)
A Formalist Approach to Infrastructure — Digital, Literary, Political (per Zoom, in English)
20.30 Gemeinsames Abendessen (auf Selbstzahlerbasis)
Freitag, 27.6.
Ort: RUB, GB 8|137
09.30 Jenifer Becker (Universität Hildesheim)
Canon Surf Session I
10.00 Tobias Wilke (University of North Carolina Chapel Hill)
Sprechgedichte im Computer. Ernst Jandls „bestiarium“ als digitale Medienkunst
10.45 Kaffeepause
11.15 Mattis Kuhn (Hochschule für Gestaltung Offenbach)
(A)Synchrones Schreiben mit einem LLM-System
12.00 Tessa Gengnagel (Universität Köln)
Eine neue Philosophie des Als Ob. Modelltheoretische Überlegungen aus den Digital Humanities
12.45 Mittagspause
14.15 Peer Trilcke (Universität Potsdam), Franziska Morlok (Universität der Künste Berlin), Annette Gilbert (FAU Erlangen-Nürnberg)
Re-Designing Fontane. Literatur auszählen, visualisieren und vermitteln
15.15 Simon Roloff (Leuphana Universität Lüneburg)
Canon Surf Session II
15.45-16.30 Zusammenfassung & Ausblick
Mehr Informationen zum DFG-Netzwerk »Das Wissen der digitalen Literatur«
Interessierte SFB-Mitglieder sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.
Kontakt: Prof. Dr. Annette Gilbert, FAU Erlangen-Nürnberg, Dept. Germanistik & Komparatisik, Bismarckstr. 1, 91054 Erlangen, annette.gilbert@fau.de