Event

Virtualität und Fernsehen II (12./13.06.2024)

Transformationen der Kamera

Die Verschränkungen televisueller Formate mit Virtualität haben unter den Bedingungen digitaler Produktion, Distribution und Endgeräte in den letzten 25 Jahren neue Formen angenommen. Dabei hat das ehemalige Leitmedium Fernsehen im Zuge der Medienkonkurrenz mit dem Internet seine Rolle und Bedeutung verändert. In diesen jüngeren Entwicklungen ist das Fernsehen als Medium der Virtualität zugleich devaluiert wie re-evaluiert worden. Im zweiten Workshop der Reihe "Virtualität und Fernsehen" wollen wir materialnah Dynamiken technischer Fensehentwicklungen, Infrastrukturen, Medientechniken des Gamings sowie ihre Veralltäglichung kartieren und theoretisch wie historisch verorten. Sind diese neuartigen Konstellationen des Fernsehens Aushandlungen neuer Formen televisueller Virtualität? Und welchen Status hat die Kamera in diesen Settings, wenn sie mit diesen Verfahren ihre Ortsbindung tendenziell verliert und selbst zum Akteur des Virtuellen wird? Der Workshop findet am 12. und 13. Juni 2024 im Collaboration Space GB 8|129 statt.

29. Mai 2024
Virtualität und Fernsehen II

Zwischen Fernsehen und Virtualität bestehen überraschende Beziehungen und Kontinuitäten. Wie ein explorativer Workshop mit Christoph Ernst, Benjamin Heidersheimer, Jens Schröter, Annette Urban und Cecilia Valenti im Sommer 2022 gezeigt hat, ist das Fernsehen der 1980er und 1990 Jahre ein wichtiger Schauplatz experimenteller, aber auch kommerzieller Experimente mit analogen wie digitalen Technologien, ästhetischen Formen und neuartigen Formaten der Fernsehproduktion und -nutzung. Insbesondere wird an den Ästhetiken der Animation deutlich, dass das Fernsehen schon vor der Einführung digitaler Bildbearbeitungsverfahren Bildformen genutzt hat, die nicht „aus der Kamera“ kommen, sondern den Bildraum auf eine Weise öffnen, für die sich der Begriff der Virtualität anbietet. Die Imaginarien und Ästhetiken virtueller Welten werden als erstes im Fernsehen erfahren und zugleich in ihrem Konsum vermessen.

Im Anschluss an diese Erkenntnisse möchten wir in einer Fortsetzung dieses Workshops die rezenten Entwicklungen im Verhältnis von Fernsehen und Virtualität in den Mittelpunkt stellen. Die Verschränkungen televisueller Formate mit Virtualität haben unter den Bedingungen digitaler Produktion, Distribution und Endgeräte in den letzten 25 Jahren neue Formen angenommen. Dabei hat das ehemalige Leitmedium Fernsehen im Zuge der Medienkonkurrenz mit dem Internet seine Rolle und Bedeutung verändert. In diesen jüngeren Entwicklungen ist das Fernsehen als Medium der Virtualität zugleich devaluiert wie re-evaluiert worden.

Das Fernsehen war schon immer ein Medium des Alltäglichen, doch mit der Verfügbarkeit auf mobilen Endgeräten werden neue Möglichkeitsräume seiner Einbettung in Alltagshandlungen eröffnet. Mit Spielkonsolen und Smart-TVs, Tablets und Smartphones gehen neue Produktions- und Rezeptionsweisen des Fernsehens einher. Eng damit verbunden und teilweise integriert sind die Infrastrukturen und Medientechnik des Gamings, die auf der Produktionsseite zu einem essentialen Bestandteil des Fernsehens geworden sind. Game Engines sind für Film-, Fernseh- und Serienproduktion im Rahmen der On-Set-Virtual Production (OSPV) seit etwa fünf Jahren zentral, wie Serienproduktionen wie „The Madalorian“ und „The Last of Us“ zeigen. Die Bildräume der OSPV stellen eine medien- und filmwissenschaftlich noch näher zu beschreibende Hybridisierung physikalischer Sets mit virtuellen Umgebungen dar. Unter intensiver Nutzung von 3D Software und Motion Capture-Techniken aus der Gameentwicklung werden reale Kameras durch Motion Capture mit den virtuellen Bildern synchronisiert, um zwischen realen und virtuellen Elemente Perspektive, Licht und Reflektionen in eine für die Betrachter konsistente und nahtlos erscheinende Form zu bringen. Zugleich werden „virtual cameras“ genannte digitale Repliken realer Kameramodelle eingesetzt, um Blickwinkel und Motive zu generieren, die mit physikalischen Kameras nicht realisierbar sind.

Der Workshop Virtualität und Fernsehen II – Transformationen der Kamera soll materialnah diese Dynamiken kartieren und theoretisch wie historisch verorten. Wir möchten diese neuartigen Konstellationen des Fernsehens als Aushandlungen neuer Formen televisueller Virtualität diskutieren und insbesondere nach dem sich wandelnden Status der Kamera fragen, die mit diesen Verfahren ihre Ortsbindung tendenziell verliert und selbst zum Akteur des Virtuellen wird.